SFC: Wir wollen das 5G-Netz mit Wasserstoff versorgen

SFC: Wir wollen das 5G-Netz mit Wasserstoff versorgen

Aus dem Kuriositäteneck zum Hoffnungsträger: Wasserstoffpionier Peter Podesser, CEO SFC Energy, im Gespräch.
Bernd Vasari, Artikel der Wiener Zeitung, 30. Juli 2020, Wirtschaft.

Der bedingungslose Gehorsam ist verflogen. Die Batterie als Serum für grüne Energie wirkt nicht mehr. Denn sie löst die Probleme nur am Endprodukt, aber nicht an der Quelle. Der neue Hoffnungsträger heißt Wasserstoff. Er soll nun die ersehnte Klimawende anführen. Unternehmen wie das börsennotierte SFC Energy AG ist Nutznießer dieser Entwicklung. Vorstandsvorsitzender Peter Podesser im Gespräch mit der „Wiener Zeitung“ über die langen Jahre des Wartens, die Rolle der EU-Kommission und Wasserstoff als grüne Zukunftstechnologie.

Wiener Zeitung: Herr Podesser, wir sind uns in der Gesellschaft zunehmend einig, dass Öl als Kraftstoff ein Ablaufdatum hat. In der Mobilität setzen die meisten Hersteller auf Batterie. Doch so grün, wie manche tun, ist sie nicht, wenn wir etwa an die Lithium- Minen im Kongo denken. Die Herstellung von Wasserstoff ist ebenso problematisch: 90 Prozent des Wasserstoffs wird mit Erdgas hergestellt. Was müsste passieren, damit Energie grün wird?

Peter Podesser: Alle haben verstanden, dass eine saubere Energiewende notwendig ist. Dafür muss der D Anteil von erneuerbaren Quellen, also Wind, Sonne, Wasser, deutlich steigen. Diese sind jedoch wetterabhängig. Es gibt Monate, in denen mehr Wind weht, es gibt Monate, in denen häufiger die Sonne scheint. Strom, der in dieser Zeit produziert wird, muss daher speicherbar, transportierbar und dezentral verfügbar gemacht werden. Wasserstoff und die Brennstoffzellen-Technologie sind dafür bestens geeignet.

Wiener Zeitung: Warum wird Wasserstoff dann noch aus Erdgas hergestellt und nicht aus erneuerbaren Energien?

Peter Podesser: In diesem Fall liegt noch ein langer Weg vor uns, der beschritten werden muss. Wir müssen Produktionskapazitäten aufbauen, die Technologie optimieren und die Infrastruktur anpassen. Die Brennstoffzelle hat es bis auf wenige Kleinserien nicht einmal ins Auto geschafft, sondern ist noch im Labor. Unsere Strategie war und ist es, sie aus dem Labor in die Anwendungen zu holen, auch außerhalb von Mobilitätslösungen. Hierzu ist auch die nationale Wasserstoffstrategie der deutschen Bundesregierung mit neun Milliarden Euro ein positiver Impuls.

Wiener Zeitung: Das Coronavirus hat unsere Schwächen aufgezeigt. Viele Menschen wurden sensibilisiert, was den Umgang mit der Natur betrifft. Könnte das den Prozess beschleunigen?

Peter Podesser: Ja, heute denken wir darüber nach, wie wir Energie sauberer generieren können. Meine Tochter erzählte in der Schule, dass ihr Vater mit Brennstoffzellen zu tun hat. Die sind sauberer und grüner als alles andere, sagte sie. Das wäre meinen Söhnen vor zehn Jahren noch nicht eingefallen. Da war Umweltschutz kein so großes Thema. Mit unserem Unternehmen arbeiten wir seit 15 Jahren daran, das Thema auf die politische Ebene zu bringen. Bisher mit überschaubarem Erfolg. Jetzt ist es eine gesellschaftliche Priorität, die Energieversorgung CO2-neutral aufzustellen.

Wiener Zeitung: Die Digitalisierung wird den Energiebedarf erhöhen. Wie viel grüne Energie kann produziert werden? Das lässt sich nur lösen, wenn wir über Alternativen nachdenken. Wir waren mit Wasserstoff und der Brennstoffzellen-Technologie in den vergangenen 15 Jahren im Kuriositäteneck. Jetzt ist die Wahrnehmung eine andere. Saubere Stromversorgung für die künftigen 5G-Mobilfunknetze und damit auch für das Autonome Fahren ist gefragt. Dafür brauchen wir nicht mehr alle zwei bis drei Kilometer einen Mast, sondern etwa alle 900 Meter. Deren Notstromversorgung wird dann wohl nicht mehr von Dieselaggregaten sichergestellt, sondern von Brennstoffzellen. Wir sind bereit: Wir wollen das 5G-Netz mit Wasserstoff-Brennstoffzellen versorgen.

Wiener Zeitung: SFC Energy hat viele Kunden im Bereich Caravaning und Segeln. Diese Kunden sind bereit, einen höheren Preis zu zahlen, damit eine Brennstoffzelle an Bord leise die Batterie immer aufgeladen hält. Wie könnte es aber für die breite Masse billiger werden?

Peter Podesser: Klar, wenn wir klimaneutral werdenwollen, müssen es sich mehr Menschen leisten können. Wir brauchen höhere Stückzahlen, um die Kosten zu reduzieren. Durch Initiativen von einzelnen Ländern und vor allem von der Europäischen Kommission bekommt das Thema jetzt eine andere Dimension. Wir bekommen nun die Möglichkeit und die Zeit, Wasserstoff zuerst als Brückentechnologie und später als bezahlbare Energieform auf den Markt zu bringen. Die Richtung stimmt, es geht in Richtung Kommerzialisierung und wird dadurch auch leistbar. Derzeit muss es einem aber noch etwas wert sein.

Wiener Zeitung: Die Batterie steht zunehmend in der Kritik, weil sich im Inneren der Akkus eine Vielzahl seltener Rohstoffe befindet, die am Ende des Lebenszyklus nicht weiter genutzt werden. Ist die Brennstoffzelle recyclefähig?

Peter Podesser: Man kann jede Zelle zu uns zurückschicken, sie wird zu 95 Prozent recycelt. Da es kaum bewegende Teile gibt, ist der Verschleiß sehr gering und die Lebensdauer hoch. Nach dem Ende der Laufzeit, die bei etwa 10.000 Stunden liegt, liefern wir die Membranen zurück und recyclieren das Platin über Wärmebehandlung. Ich würde die Batterie aber nicht schlechtreden.

Wiener Zeitung: Was meinen Sie?

Peter Podesser: Die Brennstoffzelle und die Batterie sind ein symbiotisches Pärchen. Die Batterie ist in der Leistungsdichte hervorragend. Wenn sie mit der Brennstoffzelle hybridisiert wird, entsteht eine leise und emissionsfreie Batterieladestation, die den Bedarf an Batteriezellen deutlich reduziert.

Wiener Zeitung: Was sind Ihre nächsten Ziele?

Peter Podesser: Die meisten Brennstoffzellen- Unternehmen sind in den vergangenen Jahren vom Markt verschwunden. Wir sind einer der wenigen europäischen Überlebenden. Der aktuelle Trend zeigt in die Gegenrichtung und ist nicht mehr reversibel. Wir wollen den Schwung nutzen und Wasserstoffund Brennstoffzellentechnologie in die Breite bringen.

Wiener Zeitung / Wirtschaft

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